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Notfallsanitätergesetz beschlossen

“Der Bundesrat hat in seiner 908. Sitzung am 22. März 2013 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 28. Februar 2013 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Absatz 1 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes zuzustimmen.” heißt es lapidar in der Drucksache des Bunderates 158/13(B)

Ohne große mediale Reaktionen hat der Bundesrat das Gesetz mit dem sperrigen Namen “Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters sowie zur Änderung weiterer Vorschriften” beschlossen. Obwohl sich die Opposition aus SPD, Grüne und Linke mit durchaus guten Begründungen im Bundestag enthielten, lies die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat das Gesetz einstimmig passieren. Dabei hatte doch der Bundesrat brauchbare Änderungsvorschläge vorgelegt. Dazu gehörte auch der §4a 1) , dessen Einfügung für wesentlich mehr Rechtssicherheit gesorgt hätte.

Es ist trotzdem zu begrüßen, dass die Ausbildung zum Rettungsassistenten neu geregelt wird, jedoch sind leider die Schwachstellen aus dem ursprünglichen Referentenentwurf nur zum Teil ausgeräumt worden.

RD-Lehrbuecher_k Zu kritisieren ist, dass die nun im Gesetz enthaltene Definition der Ausbildungsinhalte in dieser Form keine Rechtssicherheit und keine einheitlichen Standards schafft. Leider wird es künftig immer noch so sein, dass die Übernahme heilkundlicher Aufgaben der Notfallsanitäter/innen von Rettungsdienst zu Rettungsdienst unterschiedlich gehandhabt werden wird. Schade ist auch, dass sich der Gesetzesvorschlag der Regierung an dieser Stelle von Anfang 2009 bis zu dessen Verabschiedung nicht verändert hat. Das sind große Zugeständnisse an die Ärzteschaft, die zu Lasten der Notfallsanitäter/innen gehen. Einerseits sollen  Fertigkeiten vermittelt werden, die selbständiges Arbeiten ermöglichen sollen, andererseits soll es wieder in das Ermessen eines Ärztlichen Leiters, der übrigens noch nicht einmal bundesweit einheitlich etabliert ist, gelegt werden, was davon vor Ort angewendet werden darf. Sicher kann ein ärztlicher Leiter keinem verbieten eine Maßnahme, die beherrscht wird anzuwenden, wenn sie unmittelbar angezeigt ist um Leben zu retten. Aber es bringt unnötige Unsicherheiten und Rechtfertigungszwänge. Damit wird die staatliche Aufgabe die Kompetenzen von Notfallsanitäter/innen bundeseinheitlich  zu regeln in die Hände von Ärztlichen Leitern gelegt.

Neben diesem grundsätzlichen Problem wirft das Gesetz auch in den Details noch ein paar Fragen auf. Dies betrifft zum Beispiel die Ausgestaltung der Ausbildungsvergütungen sowie die unzureichende Ausbildungsfinanzierung. Das Zahlen einer angemessenen Ausbildungsvergütung wird sicher zur Steigerung der Attraktivität des Berufs beitragen. Bei der Frage zur Finanzierung der Ausbildungsmehrkosten wird in dem Gesetz keine verbindliche Regelung  vorgegeben. Zu finanzieren sind die Ausbildungsvergütungen nur, wenn die Mehrkosten im Ergebnis von den Kostenträgern getragen werden. Da die Betriebe und nicht die Schulen die Entgelte verhandeln, müsste eigentlich der Betrieb Träger der Ausbildung sein um die Ausbildungsmehrkosten zu sichern.

Ein weiter Knackpunkt ist die mangelhafte Übergangsregelungen für derzeitige Rettungsassistent/innen, es ist schon ein gewisser Affront gegenüber den Kollegen und Kolleginnen, die diesen Beruf mitunter schon Jahrzehnte ausüben und damit die Gewährleistung für einen funktionierenden Rettungsdienst waren. Sie haben in dieser Zeit nichts anderes gearbeitet, es wurde nur unter dem Titel Notkompetenz abgewickelt. Nun sollen sie noch ein mal unter Beweis stellen, dass die Arbeit, die sie von Beginn an erfolgreich ausgeübt haben (wenn nicht wären sie sicher nicht mehr in diesem Job) wirklich gekonnt haben!? Eine pauschale Ergänzungsprüfung für alle Rettungsassistent/innen schießt also kilometerweit am Ziel vorbei.

 Auch ist Nachweis der gesundheitlichen Eignung unsinnig, da sich wohl kaum jemand für den Beruf interessieren wird, der von vornherein zur Ausübung der geforderten Tätigkeiten gesundheitlich nicht in der Lage ist. Auszubildende die in der Ausbildungszeit durch die ausgeübten Tätigkeiten in der Ausbildung einen gesundheitlichen Schaden erleiden, beispielsweise durch schweres Heben und Tragen, könnten nach am Ende ihrer Ausbildungszeit nicht zur Prüfung zugelassen werden. Man verbaut damit diesen Menschen die Möglichkeit den Beruf als Basis für eine andere Tätigkeit, wie z.B. eine Lehrtätigkeit zu nutzen. 

Jetzt kann man nur noch hoffen, dass sich für die Umsetzung dieses Gesetzes in der Praxis die Verantwortlichen pragmatische Lösungen einfallen lassen, die die Unzulänglichkeiten dieses Gesetzes abmildern.


1)
aus der Stellungnahme des Bundesrates

§ 4a
Befugnis zur Ausübung der Heilkunde

Die Notfallsanitäterin und der Notfallsanitäter sind befugt, bei der Durchführung von Maßnahmen im Notfalleinsatz im Sinne des § 4 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c die Heilkunde bis zum Eintreffen der Notärztin oder des  Notarztes oder bis zu dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung auszuüben. § 1 Absatz 1 des Heilpraktikergesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2122-2 veröffentlichten  bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2702), findet insoweit keine Anwendung.”


 

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Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters sowie zur Änderung weiterer Vorschriften

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Protokoll_3te_Lesung_NotSanG

 

Referentenentwurf für das “Notfallsanitätergesetzt”: kalter Kaffee lau aufgewärmt!

Schon lange wird die Novellierung des Rettungsassistentengesetzes von den Berufsverbänden und der Gewerkschaft ver.di gefordert. Auf eine Anfrage von Kathrin Vogler (MdB, Partei die Linke) antwortet die Bundesregierung: „Die Expertengruppe, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bei der Klärung von wesentlichen Vorfragen zur Ausbildung berät, hat ihre Arbeit im Herbst 2011 abgeschlossen. Diese Expertengruppe war von Beginn an als Beratergremium auf Fachebene konzipiert worden, hat unter Leitung des BMG getagt und Fragestellungen bearbeitet, die das BMG an die Experten gerichtet hatte. Die Veröffentlichung der Beratungsergebnisse war und ist nicht geplant.
Auf der Basis der Erkenntnisse aus dieser Expertengruppe wird derzeit der Referentenentwurf für das neue Rettungsassistentengesetz erarbeitet. Es ist vorgesehen die Novellierung der Rettungsassistentenausbildung in dieser Legislaturperiode abzuschließen. Die zeitliche Planung des BMG ist hierauf ausgerichtet.“

Hier ist er nun der Referentenentwurf der Bundesregierung über das  “Gesetzt über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters” oder einfach kurz: “Notfallsanitätergesetz – NotSanG”

Die Anpassung des Berufs des Rettungsassistenten an die neuen Anforderungen eines modernen Rettungsdienstes  erfolgt jedoch nicht in der Novellierung des Rettungsassistentengesetzes sondern in der Schaffung eines neuen Berufsbildes. Die Begründung zum Gesetzesentwurf gibt zunächst Anlass zur Hoffnung, dass das geplante Gesetzt den Anforderungen an den Beruf gerecht wird, denn dort heißt es: ” Diese Berufsgruppe ist es auch, die neben den Notärztinnen und Notärzten die Hauptlast und die hauptsächliche Verantwortung im Rettungsdienst trägt.” Blätter man im Entwurf weiter, so landet man jedoch schnell an Stellen, an denen die Enttäuschung groß wird, denn es wird schnell deutlich dass hier nicht wirklich neues geplant ist.

Statt einer klaren Beschreibung des Berufsbildes findet man unter §4 nur die Beschreibung der Ausbildungsziele, die einen Notfallsanitäter: ” … zur eigenverantwortlichen Durchführung und teamorientierten Mitwirkung insbesondere bei der notfallmedizinischen Versorgung und dem Transport von Patientinnen und Patienten vermitteln ….” sollen. Bei der Auflistung der Maßnahmen, die eine Notfallsanitäter eigenverantwortlich durchführen soll, bleibt die Aufzählung sehr diffus: “… Durchführen angemessener medizinischer Maßnahmen der Erstversorgung bei Patientinnen und Patienten im Notfalleinsatz und dabei Anwenden von in der Ausbildung erlernten und beherrschten, auch invasiven Maßnahmen, um bei Vorliegen eines lebensgefährlichen Zustandes oder bei zu befürchtenden wesentlichen Folgeschäden einer Verschlechterung der Situation der Patientinnen und Patienten bis zum Eintreffen des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen
Versorgung vorzubeugen, …” statt an dieser Stelle klar umrissene Maßnahme als Regelkompetenz zu nennen, beschränkt sich das NotSanG darauf die schon jetzt vorhanden Notkompetenz gesetzlich zu regeln. Es bleibt beim Status Quo, heilkundliche Maßnahmen dürfen eigenständig nur im Delegationsverfahren durchgeführt werden und müssen nach wie vor im Vorfeld vom Ärztlichen Leiter zu bestimmten Situationen angeordnet, überprüft und verantwortet werden. Durch eine fehlende bundeseinheitliche Regelung bleibt es bei regional sehr unterschiedlichen Standards, von Qualitätssteigerung kann hier also nicht die Rede sein.

Auch in der Struktur der Ausbildung gibt es nicht wirklich etwas neues, es bleibt bei einer getrennten Ausbildung in Schule und Lehrrettungswache. Der Ausbildungsvertrag wird mit der Schule geschlossen, womit der Ausbildende den Status eines Schülers bekommt. Dies steht im Widerspruch zu einer Ausbildungsvergütung, den ein Schüler erhält gemeinhin keine Ausbildungsvergütung, allenfalls bekommt er üblicherweise eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Es schließt auch sofort die Frage an, wer zahlt die Vergütung, die Schule oder der Träger der Lehrrettungswache. Es handelt sich hier also noch immer nicht um eine Berufsausbildung im Dualen System nach dem Berufsausbildungsgesetz.

Immerhin dürfen die altgedienten Rettungsassistenten und Rettungsassistentinnen ihre Berufsbezeichnung behalten. Wollen sie aber die neue Berufsbezeichnung führen, müssen sie ihre Eignung in einer Prüfung belegen. Mit anderen Worten sie müssen beweisen, dass sie die Tätigkeit, die sie mitunter schon seit 24 Jahren ausüben, wirklich beherrschen, wie unsinnig ist das denn? Kollegen und Kolleginnen die noch nicht so lange im Geschäft sind, müssen sogar einen Lehrgang zur Vorbereitung der Prüfung absolvieren. Daran schließen sich sofort weitere Fragen an: wäre dieser Lehrgang Arbeitszeit, wer trägt die Kosten des Lehrganges? Dieser Referentenentwurf wirft mehr Fragen auf, als dass er Vorteile für unseren Berufsstand bringt, umso verwunderlicher ist es, dass der Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst e.V. (DBRD) so viel positive Worte dafür findet: “Wir sind, wie im Entwurf klar formuliert, der Auffassung, dass eine generelle Überleitung der Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter ohne Prüfung und ggf. zusätzlicher Ausbildung nicht sinnvoll ist. Wir sprechen uns aber für eine einheitliche Regelung aus, die unabhängig der jeweiligen Berufserfahrung, Weiterqualifizierung und sonstiger Eignung ist.” Und er möchte sogar noch weitergehen als im Entwurf beschrieben, in dem er die Berufserfahrung völlig außer Acht lassen möchte.

Nun ist dies erst der Referentenentwurf eines Gesetzes, d.h. es ist noch völlig offen ob dieses Gesetz in dieser Form oder überhaupt kommen wird. Man kann nur hoffen, dass sich noch möglichst viele kritische Stimmen melden und Einfluss nehmen, damit dieses Gesetz so nicht kommt. Denn kalten Kaffee, den wir leider allzu oft schon in unseren Wachen nach den Einsätzen vorfinden, wärmt man nicht auf.