Schlagwort-Archive: Fortbildung

Fortbildung: Hygiene im RD / Arbeitssicherheit

07.12.2016 19:30 Uhr und 08.12.2016, 16:30 Uhr,  Hössenschule, An der Hössen 13, Westerstede

Veranstalter: Rettungsdienst Ammerland GmbH, An der Hössen 16, 26655 Westerstede

Referenten: Manfred Nett, Hygienebeauftrager RD-Ammerland, Marie Gietz LRA RD-Ammerland

Terminangaben ohne Gewähr, bitte vorher beim Veranstalter nachfragen ob die Veranstaltung wirklich stattfindet: 04488/522200

 

Fortbildung: Hygiene im RD / Arbeitssicherheit

07.12.2016 19:30 Uhr und 08.12.2016, 16:30 Uhr,  Hössenschule, An der Hössen 13, Westerstede

Veranstalter: Rettungsdienst Ammerland GmbH, An der Hössen 16, 26655 Westerstede

Referenten: Manfred Nett, Hygienebeauftrager RD-Ammerland, Marie Gietz LRA RD-Ammerland

Terminangaben ohne Gewähr, bitte vorher beim Veranstalter nachfragen ob die Veranstaltung wirklich stattfindet: 04488/522200

 

Betriebsratsinfo – November 2014

Informationen zur Betriebsratsarbeit



 Ergänzungsprüfung Notfallsanitäter

Der Betriebsrat hatte unseren LRA Nils Bode zu einer Sitzung eingeladen um sich über die Erfahrungen aus den Schulen Leer und Goslar bezügliche den Ergänzungsprüfungen berichten zu lassen:

Die gute Nachricht von Nils war: Es ist zu schaffen! 🙂

Die mündliche Prüfungsthemen:

Es werden viele Sachen abgefragt, die wir eh schon machen, sie werden künftig nur benannt. Wichtig: Es wird nach der Bedürfnispyramide nach Maslow gefragt, die nicht im Buch „Notfallsanitäter Upgrade“ zu finden ist. Nachlesen könnt Ihr dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche … hierarchie

Weiter Themen sind Kommunikation, QM und rechtliche Grundlagen (Straf- und Zivilrecht, Haftungsrecht)

Die medizinischen mündlichen Prüfungsthemen sind: ABCDE-Schema, SAMPLE, Geräte wie funktionieren sie? Wann werden sie eingesetzt?

Die Themen werden aus einem Themenkatalog gezogen. Der Katalog wird für jede Prüfung neu zusammengestellt. Jede Station der Prüfung (Kommunikation, QM-rechtliche Fragen und medizinische Fragen) dauert 12-13 Minuten => 36-40 Minuten pro Prüfung.

Die praktische Prüfung:

Internistisch:

Die Fallbeispiele sind leicht erkennbar (1 Krankheit, 1 Leitsymptom). Es wird erwartete, dass der ABCDE Algorithmus komplett abgearbeitet wird, auch wenn man vorher schon zu einem Ergebnis gekommen ist. In Goslar dürfen Nachschlagewerke genutzt werden (z.B. Dosierungen).
Es empfiehlt sich schon jetzt jeden Einsatz unter diesen Kriterien nach zubereiten. Es werden die Bereiche „vor Ort“, „im Fahrzeug“, „Übergabe“ geprüft. Eine Reanimation kann dabei sein, muss aber nicht.

Trauma

Strukturierte Traumauntersuchung angelehnt an ITLS wird erwartet; ABC -> STU  ->Transportpriorität, ein Polytrauma als Prüfungsfallbeispiel ist wahrscheinlich => unsere hausinternen Fortbildungen werden ab Januar 2015 angepasst und ausreichend angeboten. Spezialitäten werden im Lehrgang vor der Prüfung geübt, ein Prüfungskurs beinhaltet ca. 10 Tage Übungen und 3 Tage Prüfungen. Prüfungsgrundlage ist das Buch „Notfallsanitäter Upgrade“

Ggf. wird Nils bei den nächsten Teilbetriebsversammlungen ergänzende Informationen liefern. Ein herzliches Dankeschön geht an Nils für diese ausführliche Infos aus erster Hand.

Nachfolgend könnt Ihr noch einige Materialien, die Nils uns zur Verfügung gestellt hat einsehen:

Muster einer echten mündlichen Prüfung NotSan aus Goslar

Notfallmedung:
Kleinkind mit Atemnot, RTW XY ausgerückt, NEF nicht verfügbar ggf. nach zualarmieren aus Nachbarlandkreis ca. 45 km
Lage:
Die RTW Besatzung wird durch die Nachbarin in das Wohn-/Schlafzimmer der engen Dachgeschoßwohnung einer alten Vorortvilla geführt. Der Raum ist fast vollständig von einer großen Bettcouch ausgefüllt, auf der eine junge Frau über einem Kind gebeugt kniet. Das Zimmer ist nur
mäßig beleuchtet. Das Kind ist mit einem Schlafanzug bekleidet und zuckt mit Armen und Beinen. Bereits an der Tür hört man die beschleunigte röchelnde Atmung des Kindes. Die junge Frau stellt sich als Mutter des 4-jährigen Jungen vor. Seit etwa 3 Tagen sei der Junge an
einem heftigen Schnupfen und Husten erkrankt. Er leide häufig unter Atemwegsinfektionen. Seit gestern Abend habe das Kind hohes Fieber über 39 Grad rektal. Zuletzt habe sie heute Mittag gemessen 39,5 Grad. Vor etwa 20 Minuten habe das Kind einen Krampfanfall bekommen. Da dieser mit unverminderter Intensität anhalte, habe sie nach 5 Minuten die Nachbarin gebeten, den Rettungsdienst zu alarmieren.
Diese Information bekommt der Prüfling vor der eigentlichen Prüfung. Dann kann der Prüfling sich 10 Minuten Gedanken und Notizen machen.

Fragenkomplex Kommunikation / Interaktion:

  1. Welche Besonderheiten treten bei der Kommunikation mit Angehörigen
    von erkrankten Kleinkindern auf?
  2. Bezogen auf die Bedürfnispyramide nach Maslow, auf welcher Ebene fühlt sich die Mutter
    eingeschränkt und warum?
  3. Welche Verhaltensweise trägt dazu bei, dass dieser Person bedürfnisgerecht begegnet
    werden kann? Während der Anamnese wird der Oberkörper entkleidet. 4-jähriger, 16kg schwerer Knabe. Tonischer Beugekrämpfe beider Arme, Gesichts- / Kiefermuskulatur, zyanotisch, Atemfrequenz erhöht. Unregelmäßige, laut röchelnde Atmung. Eine weitere Untersuchung ist nicht möglich.Fragenkomplex med. Diagnostik und Therapie:
  4. Welche vorrangigen Behandlungsziele bestehen? (Begründung)
  5. Welche Medikamentengruppen finden Anwendung? Welche Wirkung erhofft man, welche Nebenwirkung befürchtet man?
  6. Wie wird in diesem Fall das Kind konkret behandelt? Im Verlauf der Behandlung wird die Atmung insuffizient
  7. Wie gehen Sie vor und welche Besonderheiten sind dabei zu beachten?Fragenkomplex Handeln im Rettungsdienst an QM Kriterien ausrichten; rechtliche, wirtschaftliche und ökonomische Rahmenbedingungen:
  8. Wie wollen Sie den Einsatz des Medikaments in diesem Fall rechtlich rechtfertigen?
  9. Was ist bei der Bevorratung der Medikamente im Rettungsdienst zu beachten? In diesem Fall wurde der RTW als primäres Einsatzmittel eingesetzt
  10. Wovon machen Sie den Folgeeinsatz eines Notarztes abhängig? Begründen Sie die Aussage „Pro Fragenkomplex 12 Minuten Fachgespräch“

Themenbereiche, die laut Rettungsschule Leer unbedingt gelernt werden sollten:

Kommunikation und Interaktion mit sowie Beratung von hilfesuchenden und hilfebedürftigen Menschen unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters sowie soziologischer und psychologischer Aspekte.

  • Grundlagen
  • 4 Seiten einer Nachricht
  • Nonverbale & paraverbale Kommunikation
  • Distanzzonen nach Hall
  • Umgang mit Notfallpatienten
  • Umgang mit besonderen Patientengruppen
  • Umgang mit Migranten & Ausländern
  • Umgang mit (anderen) am Notfall beteiligten Personen
  • Im Rahmen der Kommunikation
  • Umgang mit psychosozialen Notlagen

Handeln im Rettungsdienst an Qualitätskriterien, die an rechtlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen orientiert sind.

  •  EU Normen für den Rettungsdienst
  • Strafrecht / Zivilrecht (Tun / Unterlassen)
  • Rechtliche Grundlagen der medizinischen Behandlung und der
  • Haftung im Rettungsdienst
  • Behandlungsfehler / Patientenrecht
  • Transportfehler
  • Unfallverhütungsrecht: Vorschriften, Regeln, Informationen
  • Qualitätsmanagement im Rettungsdienst (Normen für / Instrumente des …)
  • Dokumentation im Rettungsdienst

Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken, lebenserhaltende Maßnahmen und Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung durchführen

  • Rechtliche Rahmenbedingungen
  • ABCDE-Schema, SAMPLE, 4A-1C-4E
  • Geräte zur Diagnostik und Überwachung(Gerätefunktion, Normwerte, allgemeine Anwendung)
  • Beatmungsformen (IPPV, CPPV, S-IPPC, S-CPPV, CPAP, BiPAP)
  • Arzneimittelkatalog (Pyramidenprozess)
  • Maßnahmenkatalog (Pyramidenprozess)
  • NUN – Algorithmen Niedersachsen

 ver.di-Bezirksfachgruppe Rettungsdienst Weser-Ems

Am 4.11. hat die ver.di-Bezirksfachgruppe Rettungsdienst in OL getagt. Kollegen von der JUH Oldenburg, DRK Cloppenburg, DRK Osnabrück-Land und von der  RD-Ammerland GmbH habe sich erneut getroffen, um berufs- und tarifpolitische Fragen zu beraten.

Neben akuten Problemen aus den einzelnen Betrieben wurde schwerpunktmäßig über die Zukunft des Rettungsassistenten diskutiert. Dabei interessierten insbesondere die Fragen: Was passiert mit den Kollegen die bei der Ergänzungsprüfung durchfallen? Was passiert nach der Übergangsfrist mit den noch vorhanden Rettungsassistenten? In allen Betrieben führen diese Fragen zu Zukunftsängsten unter den Kollegen,  daher sollte eine tarifliche Klärung herbeigeführt werden und die Berufsbezeichnung sollte in den reformierten RD-Gesetzen weiter existieren. Dabei sollte der RA nicht mit dem RS auf eine Ebene gestellt werden, sonder auch künftig die Rolle des Transportführers übernehmen können. Viele Kollegen und Kolleginnen werden möglicherweise nicht die Gelegenheit haben überhaupt ihr Können in einer Prüfung unter Beweis zustellen um sich später Notfallsanitäter nennen zu dürfen. Bundesweite Berichte von Kollegen und Kolleginnen aus anderen Rettungsdiensten zeigen, dass es keinesfalls selbstverständlich ist, dass die Rettungsassistenten dort voll umfänglich die Gelegenheit zur Weiterqualifizierung bekommen. Diese Problematik soll in die Landesfachgruppe getragen werden, damit dies in den gewerkschaftlichen Stellungnahmen zu der geplanten RD-Gesetzesreform Niederschlag findet.

Weiter berichtet Uwe von den Vorbereitungen für die Entgeltordnungsverhandlungen für den TVöD-VKA aus Berlin und Kassel. Am 29.10. hat die Verhandlungsgruppe Feuerwehr/Rettungsdienst zuletzt mit der VKA verhandelt. Die Ergebnisse sind noch nicht annähernd akzeptabel und wurden entsprechen von ver.di zurückgewiesen. Ein Vorschlag zur Eingruppierung der Notfallsanitäter fehlte obendrein. Von ver.di wurde der dringende Handlungsbedarf für die  Berufsbild „Notfallsanitäter“ bereits in vorangegangenen Verhandlungsterminen deutlich gemacht. Im Januar 2015 wird es einen weiteren Termin der Arbeitsgruppe Entgeltordnung sowie einen weiter Verhandlungstermin mit der VKA geben.

Zuletzt wurde noch beschlossen, dass die Vernetzung und der Informationsaustausch, z.B. über das ver.di Mitgliedernetz, forciert werden soll,  im Frühjahr 2015 soll eine Veranstaltung mit einem Expertenreferat organisiert werden und wir wollen mit Infostände bei Notfallsymposien etc. Präsenz zeigen. Das nächste Treffen ist auf den 24.02.15 terminiert.

 BAG-Urteilvom 19.11.2014 – 5 – AZR 1101/12

Das Bundesarbeitsgericht hat am 19.11.2014 folgendes Urteil gesprochen: Das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen. Die erläuternde Presserklärung dazu kann unter diesem Link abgerufen werden:

https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2014&nr=17759&pos=0&anz=62&titel=Mindestentgelt_in_der_Pflegebranche

Rechtsanwalt Spengler führt in einem Mandanteninfo dazu aus:

Der Experte unserer Kanzlei Rechtsanwalt Bernd Spengler, hatte bereits auf der Rettungsdienstfachtagung für Betriebs- und Personalräte in Würzburg und im Rettungsmagazin 05/2014 darauf hingewiesen, dass diese „pro Stunde“ Regelung vergleichbar auch im Mindestlohngesetzt enthalten ist. Eine kostenfreie Verlängerung der Arbeitszeit im Rettungsdienst per Arbeitsbereitschaft dürfte damit ab 1.1.2015 – mit obigen Rechtsgrundsätzen – kaum vorstellbar sein. 

Bernd Spengler, Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Für den Rettungsdienst dürfte sich jetzt die einmalige Chance ergeben, völlig neue Regelungen zur Arbeitszeit zu vereinbaren. Der seit 30 Jahren im Rettungsdienst verhassten Regelung zur Arbeitsbereitschaft dürfte der Gesetzgeber ein Ende bereitet haben. Die Rettungsdienstanbieter sollten sich schnellstmöglich bei den Kostenträgern absichern“

Inzwischen hat sich dies auch in unserem KollegInnenkreis herumgesprochen und zu hektischen Diskussionen und Reaktionen geführt u.a. mit Ankündigen, man wolle dies sofort einklagen. Für den den Betriebsrat sind dazu aber noch viel zu viel Fragen offen, um, in welche Richtung auch immer, aktiv zu werden. Bisher ist nur eine Presseerklärung des BAG zu diesem Urteil zu lesen, die ausführliche Begründung steht noch aus, die u.E. abzuwarten gilt um dieses Urteil überhaupt bewerten zu können.

Die DRK-Bundestarifgemeinschaft hat bereits reagiert und in einer Stellungnahme verlautbaren lassen, dass der DRK-Rettungsdienst nicht betroffen sei, da die Vergütung für 48 Std/Woche durchweg über dem Mindestlohn liege, eine Lesart des Urteils, die der des Anwaltes Spengler entgegensteht. Was der für uns zuständige Arbeitgeberverband VKA dazu sagt, ist uns bisher noch nicht bekannt.

Entscheidend ist möglicherweise auch der § 24 Abs. 1 des MiLOG, der eine Übergangsregelung beinhaltet:

§ 24 Übergangsregelung
(1) Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen. Satz 1 gilt entsprechend für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sowie § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen worden sind.

Die Arbeitsbereitschaft ist im  TVöD sowie im Reformtarifvertrag des DRK geregelt, somit könnte möglicherweise die Übergangsregelung aus § 24 Abs. 1 MiLOG für den Fall zur Anwendung kommen, sollten die Arbeitsbereitschaftsstunden, so wie Rechtsanwalt Spengler das Urteil liest, umsonst geleistet werden. Und selbst wenn alles dafür spräche, dass mit diesem Urteil die Arbeitsbereitschaft im Rettungsdienst gekippt sei, muss man sich im Klaren sein, dass wir dann durchgehend, also auch nachts Vollarbeitszeit mit all seinen Konsequenzen haben würden.

Der Betriebsrat wird auf jeden Fall erst das Erscheinen der Begründung des Urteils, die tarifpolitischen Diskussionen in den gewerkschaftlichen Fachgruppen von ver.di  und ggf. die Stellungnahme des VKA dazu abwarten. Wir meinen, ohne diese gründliche Analyse kann man keine kluge und zielführende Lösung herbeiführen.

Wir bitten alle Kollegen und Kolleginnen, die jetzt lautstark das Nichthandeln des Betriebsrates beklagen und möglicherweise meinen, sofort den Klageweg beschreiten zu müssen, dies zu berücksichtigen, damit dies keine klägliche Bauchlandung wird.

Unsere Betriebsratsinfos könnt Ihr an drei Stellen nachlesen:

hier auf unserer Homepage: https://br-rda.de/betriebsratsinfo/ direkt, oder abonniert als RSS-Feed: https://br-rda.de/feed hier gibt es Antworten zu RSS-Feeds: https://br-rda.de/allgemein/mit-rss-feeds-immer-auf-dem-laufenden/
als Newsletter: https://br-rda.de/newsletter das Formular zum Newsletterabonnieren ist nur zu sehen, wenn ihr Euch registriert und angemeldet habt.
im IntraRett: leider sind die Links wegen der fehlenden Internetanbindung in den Dokumenten nicht nutzbar. Daher wird dort die URL künftig im Original dargestellt. Wer möchte kann sie dann abschreiben.Fragen, Hinweise und Kommentare zu diesem BR-Info oder sonstige Hinweise bitte an info@br-rda .de

Euer Betriebsrat

Abmahnung wegen Nichtteilnahme an einer im Zusammenhang mit einer Fortbildungsmaßnahme durchgeführten „Leistungskontrolle“ Text Aktenzeichen: 8 Sa 355/12 4 Ca 3346/11 ArbG Koblenz Entscheidung vom 23.01.2013

Aktenzeichen:
8 Sa 355/12
4 Ca 3346/11
ArbG Koblenz
Entscheidung vom 23.01.2013

Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 4.7.2012, Az.: 4 Ca 3346/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entfernung zweier Abmahnungen aus seiner Personalakte.

Der Kläger ist seit dem 14.02.1979 bei der Beklagten als Rettungsassistent beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält u.a. folgende Bestimmung:

„Der Angestellte verpflichtet sich, die erforderlichen Ausbildungsveranstaltungen zu besuchen mit dem Ziele, die aufgabenorientierten Fähigkeiten für die Berufsausübung zu erwerben.“

Vom 15.03.2011 bis 17.03.2011 nahm der Kläger auf Weisung der Beklagten an einer Fortbildungsveranstaltung teil, in der Kenntnisse über „erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ vermittelt werden sollten. Gegenstand dieser Fortbildungsveranstaltung waren folgende Maßnahmen der medizinischen Notfallversorgung:

– Intubation
– Supraglottische Atemhilfe
– Periphere Venenpunktion
– Applikation ausgewählter Medikamente und Infusionslösungen
– Defibrilation.

Teil dieser Fortbildungsveranstaltung ist auch eine Prüfung bzw. Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“. Der Kläger weigerte sich wiederholt, an dieser Leistungskontrolle teilzunehmen.

Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 08.08.2011 eine Abmahnung folgenden Inhalts:

Abmahnung

Sehr geehrter geehrter Herr A.,

bei der jährlichen rettungsdienstlichen Fortbildungsveranstaltung, an welcher sie vom 15.03.2011 bis 17.03.2011 auf Aufforderung teilnahmen, haben Sie die Teilnahme an der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ verweigert, obwohl diese Bestandteil der Fortbildungsmaßnahme ist und Ihre Teilnahme hieran wie die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme insgesamt angeordnet war.

Mit Schreiben vom 08.04.2011 wurden Sie daher aufgefordert, an einem von zwei Ihnen alternativ angebotenen Nachprüfungsterminen an der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ teilzunehmen. Beide Termine haben Sie ungenutzt verstreichen lassen.

Dieses Verhalten stellt eine wiederholte Arbeitsverweigerung dar und kann nicht hingenommen werden. Wegen dieser gravierenden Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten erteile ich Ihnen hiermit eine Abmahnung.

Kommen Sie weiteren Aufforderungen, wie für den uneingeschränkten Einsatz in Ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als Rettungsassistent erforderlich, an der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ teilzunehmen, wiederum nicht nach, müssen Sie mit schwerwiegenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis zur Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses rechnen.
…“

Nachdem sich der Kläger in der Folgezeit erneut weigerte, an der betreffenden Leistungskontrolle teilzunehmen, erteilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 21.03.2012 eine weitere Abmahnung folgenden Inhalts:

2. Abmahnung

Sehr geehrter Herr A.,

wiederum haben Sie die Teilnahme an der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ am 08.03.2012 verweigert.

Aufgrund dessen werden Sie erneut abgemahnt.

Sollten Sie diese Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ nochmals verweigern, sehen wir uns veranlasst, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen.
…“

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.07.2012 (Bl. 110 – 113 d.A.).

Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagte wird verpflichtet, die Abmahnung des Klägers vom 8. August 2012 aus seiner Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Abmahnung des Klägers vom 21. März 2012 aus seiner Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.07.2012 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 – 10 dieses Urteils (= Bl. 113 – 118 d.A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.08.2012 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 17.09.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 17.10.2012 begründet.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Maßnahmen, die Gegenstand der Fortbildungsveranstaltung gewesen seien, von § 3 RettAssG umfasst seien, denn dort sei nur generell die Rede von lebensrettenden Maßnahmen bei Notfallpatienten. Da die Beklagte selbst keine Möglichkeit sehe, ihm gegenüber die Anwendung der in der Fortbildungsveranstaltung erlernten Maßnahmen auch in der Praxis zu fordern, bestehe auch gerade keine vertragliche Verpflichtung seinerseits, die in der Fortbildungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse auch tatsächlich umzusetzen. Weder der Arbeitsvertrag noch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen sähen vor, dass er sich Leistungskontrollen unterziehen müsse. Soweit das Arbeitsgericht die Leistungskontrolle als sinnvollen Annex zur Weiterbildungspflicht ansehe, so bedeute dies noch lange nicht, dass dadurch eine bindende vertragliche Verpflichtung zur Teilnahme an der Leistungskontrolle bestehe. Die Anordnung, an einer Fortbildung nebst Leistungskontrolle teilzunehmen, entspreche auch nicht billigem Ermessen. Da die Beklagte selbst die Auffassung vertrete, die fehlende Leistungskontrolle stehe seinem Einsatz als Fahrer von Rettungsfahrzeugen nicht entgegen, sei es unbillig, wenn sie trotzdem von ihm die Teilnahme an der Leistungskontrolle verlange. Die Beklagte verhalte sich insoweit widersprüchlich.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 17.10.2012 (Bl. 137 – 141 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 08.08.2011 und vom 21.03.2012 aus seiner Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 19.11.2012 (Bl. 146 – 151 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:
I. 
Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung abgewiesen.

II.  Die auf Entfernung der Abmahnungsschreiben vom 08.08.2011 und vom 21.03.2012 aus der Personalakte des Klägers gerichtete Klage ist nicht begründet.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung kann sich in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB ergeben. Bei der Abmahnung, die in § 314 Abs. 2 BGB gesetzlich verankert wurde, handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts durch den Arbeitgeber. Als Gläubiger der Arbeitsleistung weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individual-rechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion). Eine solche missbilligende Äußerung des Arbeitgebers in Form einer Abmahnung ist geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen. Deshalb kann der Arbeitnehmer die Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr  besteht (BAG vom 23.06.2009 – 2 AZR 606/08NZA 2009, 1111). Soweit dem Arbeitnehmer eine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten vorgeworfen wird, kommt es nicht darauf an, ob dieser Pflichtenverstoß dem Arbeitnehmer subjektiv vorwerfbar ist; es reicht aus, wenn der Arbeitgeber einen objektiven Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten rügt (BAG v. 07.09.1988 – 5 AZR 625/87AP Nr. 2 zu § 611 BGB Abmahnung). Allerdings ist eine Abmahnung auch dann aus der Personalakte zu entfernen, wenn sie statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält (BAG v. 09.08.1984 – 2 AZR 400/83AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung).

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Entfernung der beiden Abmahnungsschreiben aus seiner Personalakte.

Weder die Abmahnung vom 08.08.2011 noch die vom 21.03.2012 enthalten unzutreffende Tatsachenbehauptungen. Die Richtigkeit der dort wiedergegebenen Tatsachen wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

Die Abmahnungen beruhen auch nicht auf einer fehlerhaften Bewertung des Verhaltens des Klägers. Der im Abmahnungsschreiben vom 08.08.2011 ausdrücklich erhobene und im Abmahnungsschreiben vom 21.03.2012 zumindest konkludent wiederholte Vorwurf, die Weigerungen des Klägers, an der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ teilzunehmen, stellten eine Arbeitsverweigerung und damit zugleich eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, trifft zu.

Der Arbeitgeber ist im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 GewO grundsätzlich berechtigt, den Arbeitnehmer anzuweisen, an Schulungen teilzunehmen, soweit diese Schulungen bzw. Fortbildungsmaßnahmen der Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit förderlich sind, d.h. soweit die im Rahmen der Schulung vermittelten Kenntnisse typischerweise im vereinbarten Tätigkeitsbereich einzusetzen sind (vgl. LAG Hessen v. 11.04.2007 – 8 Sa 1279/06 – zitiert nach Juris; Preis, in: Frankfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl., § 106 GewO Rd.Ziff. 14). Vorliegend haben die Parteien im Arbeitsvertrag darüber hinaus ausdrücklich vereinbart, dass der Kläger verpflichtet ist, die für den Erwerb der aufgabenorientierten Fähigkeiten für die Berufsausübung erforderlichen Ausbildungsveranstaltungen zu besuchen. Zu diesen Fortbildungsmaßnahmen gehört zweifellos auch die Schulung in der Zeit vom 15.03. bis 17.03.2011, zu welcher der Kläger entsandt wurde und in der Kenntnisse über „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ vermittelt wurden. Gemäß § 3 RettAssG entspricht es dem Berufsbild eines Rettungsassistenten, u.a. am Notfallort bis zur Übernahme der Behandlung durch den Arzt lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchzuführen, die Transportfähigkeit solcher Patienten herzustellen, die lebenswichtigen Körperfunktionen während des Transports zum Krankenhaus zu beobachten und aufrechtzuerhalten sowie kranke oder verletzte Personen unter sachgerechter Betreuung zu befördern. Hieraus ergibt sich für den Rettungsassistenten zugleich eine Garantenstellung, die den Arztvorbehalt des HeilPrG verdrängt (vgl. Heuchemer, Bolsinger, NZA-RR 2009, 408; vgl. auch ArbG Koblenz v. 07.11.2008 – 2 Ca 1567/08, NZA-RR 2009 419).

Die in der Fortbildungsveranstaltung vom 15.03.2011 bis 17.03.2011 vermittelten Kenntnisse der medizinischen Notfallversorgung (Intubation, Supraglottische Atemhilfe, Periphere Venenpunktion, Applikation ausgewählter Medikamente und Infusionslösungen, Defibrilation) dienen daher zweifellos der Ausübung der dem Berufsbild eines Rettungsassistenten entsprechenden Tätigkeiten. Es handelte sich somit eine „erforderliche Ausbildungsveranstaltung“ im Sinne der im Arbeitsvertrag getroffenen Regelung. Hieraus ergibt sich zugleich die Berechtigung der Beklagten, den Kläger zur Teilnahme an der betreffenden Ausbildungsmaßnahme aufzufordern sowie dessen Verpflichtung, dieser Aufforderung Folge zu leisten.

Die Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme umfasste zugleich auch die Pflicht, weisungsgemäß sich der Leistungskontrolle „Erweiterte Versorgungsmaßnahmen“ zu unterziehen. Unstreitig ist diese Leistungskontrolle nämlich Teil der betreffenden Fortbildungsmaßnahme. Im Übrigen stellt sich die Überprüfung, ob die vermittelten Kenntnisse vom Arbeitnehmer erlernt wurden, auch als sinnvoller und im allgemeinen üblicher Annex einer Fortbildungsmaßnahme dar. Der Arbeitgeber hat regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Feststellung und Dokumentierung, dass der Arbeitnehmer die ihm bei einer Fortbildungsmaßnahme vermittelten und für seine Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse beherrscht. Der Arbeitnehmer seinerseits ist verpflichtet, diese Kenntnisse zu erwerben und vorzuhalten, was durch eine entsprechende Leistungskontrolle nachgewiesen werden kann. Dies gilt insbesondere im höchst verantwortungsvollen Tätigkeitsbereich eines Rettungsassistenten, der im Notfall vor Eintreffen eines Arztes lebensrettende Maßnahmen ergreift.

Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnung der Beklagten gegenüber dem Kläger, sich im Rahmen der Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung auch der dazu gehörenden Leistungskontrolle zu unterziehen, nicht billigem Ermessen i.S.v. § 106 GewO entspricht, sind nicht ersichtlich. Wie bereits ausgeführt, besteht ein berechtigtes Interesse der Beklagten bezüglich der Teilnahme des Klägers an der betreffenden Fortbildungsveranstaltung nebst Leistungskontrolle. Es ist in diesem Zusammenhang – entgegen der Ansicht des Klägers – ohne Belang, dass es der Beklagten bei Fehlen von Kenntnissen des Klägers im Bereich der Notfallversorgung möglich wäre, ihn nunmehr (ausschließlich) als Fahrer einzusetzen. Ein überwiegendes Interesse des Klägers, sich der Leistungskontrolle zu verweigern, ist nicht gegeben. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob und welche Nachteile der Kläger im Falle des Nichtbestehens der Leistungskontrolle zu befürchten hätte. Diesbezüglich käme allenfalls in Betracht, dass der Kläger (vorübergehend, d.h. bis zu einer erfolgreichen Wiederholungsprüfung) von der Beklagten lediglich als Fahrer eingesetzt würde. Insoweit macht der Kläger jedoch selbst geltend, dass ein Einsatz als Fahrer ebenfalls eine vertragsgemäße Beschäftigung darstellt.

Die streitbefangenen Abmahnungen verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung zunächst selbst zu entscheiden, ob er ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers missbilligen will und ob er deswegen eine mündliche oder schriftliche Abmahnung erteilen will. Eine Abmahnung ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil der Arbeitgeber über den erhobenen Vorwurf auch hinwegsehen könnte, etwa weil dem Arbeitnehmer ein bewusster Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten fern lag. Es ist der Beklagten daher vorliegend keinesfalls verwehrt, durch Erteilung von Abmahnungen deutlich zu machen, dass sie die Weigerung des Klägers, wirksame arbeitgeberseitige Weisungen zu befolgen, nicht hinnimmt.

III.  Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Quelle: Justiz Rheinland-Pfalz

 

Ein zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führendes gesetzliches Beschäftigungsverbot setzt eine nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen eindeutige Regelung voraus.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Februar 2008 – 8 Sa 1592/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Die Beklagte führt Notfallrettungen und Krankentransporte durch. Der im Jahre 1973 geborene Kläger war bei ihr seit dem 1. Januar 2001 als Rettungsassistent beschäftigt. Er bezog zuletzt eine monatliche Vergütung von 1.738,12 Euro brutto.

Vom 27. Februar bis zum 17. März 2006 war der Kläger arbeitsunfähig krank geschrieben. Am 18. März 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. April 2006. Sie warf dem Kläger vor, nach der Manipulation eines dienstlichen Telefons unerlaubt Privatgespräche geführt zu haben; außerdem habe der Kläger die Erkrankung nur vorgetäuscht und trotz eines angeblichen Bandscheibenvorfalls eigenhändig seinen privaten Umzug durchgeführt.

Der vom Kläger angestrengte Kündigungsrechtsstreit endete am 16. August 2006 mit folgendem Prozessvergleich:

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen am 31.5.2006 beendet worden ist. 2. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.5.2006 ordnungsgemäß ab und zahlt den sich ergebenden Betrag an den Kläger aus. 3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Urlaubsanspruch des Klägers durch tatsächliche Gewährung in Natur erfüllt ist. 4. Mit Erfüllung des Vergleichs sind alle beiderseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.“

Der Kläger verlangt Vergütung für die Zeit vom 18. März bis zum 31. Mai 2006 abzüglich der von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Zahlungen. Der Anspruch ergebe sich schon aus dem Prozessvergleich. Zudem habe sich die Beklagte im Annahmeverzug befunden. Er, der Kläger, sei seiner gesetzlichen Fortbildungsverpflichtung für 2005 jedenfalls bis zum 26. Januar 2006 in vollem Umfang nachgekommen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.205,13 Euro brutto abzüglich 1.781,75 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Vergleich sehe ausschließlich eine Verpflichtung zur Abrechnung vor. Die Abrechnung ergebe mangels Annahmeverzugs nichts zu Gunsten des Klägers. Der Kläger hätte im Rettungsdienst überhaupt nicht eingesetzt werden dürfen, weil er nicht alle vorgeschriebenen Fortbildungen absolviert habe. Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit habe nicht bestanden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung stattgegeben.

I. Der Anspruch beruht auf den §§ 615 Satz 1, 611 Abs. 1 BGB iVm. §§ 293 ff. BGB und § 11 Nr. 3 KSchG.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum 31. Mai 2006. Die Beklagte kam durch den Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung in Annahmeverzug, ohne dass der Kläger die Arbeitsleistung anbieten musste, § 296 Satz 1 BGB. Die Höhe der geschuldeten Arbeitsvergütung und der anzurechnenden Leistungen steht außer Streit.

2. Eine den Annahmeverzug ausschließende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung lag nicht vor.

a) Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Ein Arbeitnehmer ist leistungsunfähig iSv. § 297 BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten ausnahmslos nicht mehr verrichten kann. Ob es sich um gesundheitliche, rechtliche oder andere Gründe handelt, ist nicht maßgebend. Das Unvermögen kann etwa auf einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot oder auf dem Fehlen einer erforderlichen Erlaubnis beruhen (vgl. schon BAG 24. Juni 1960 – 1 AZR 96/58BAGE 9, 300, 301; 6. März 1974 – 5 AZR 313/73 – zu I 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 29; 18. Dezember 1986 – 2 AZR 34/86 – zu B II 2 der Gründe, AP BGB § 297 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 53; 15. Juni 2004 – 9 AZR 483/03 – zu I 2, 3 der Gründe, AP BGB § 611 Bergbau Nr. 25; 3. November 2004 – 5 AZR 592/03BAGE 112, 299, 301; 8. November 2006 – 5 AZR 51/06 – zu I 2 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) .

b) Die Beklagte beruft sich auf § 5 Abs. 5 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (RettG NRW) vom 24. November 1992. Nach dieser Bestimmung hat das in der Notfallrettung und im Krankentransport eingesetzte nichtärztliche Personal jährlich an einer mindestens 30-stündigen aufgabenbezogenen Fortbildung teilzunehmen und dies nachzuweisen. Wird diese Voraussetzung nicht erfüllt, handelt es sich freilich nicht um einen Fall des fehlenden Leistungsvermögens.

aa) Soll eine Rechtsnorm das rechtliche Unvermögen zur Berufstätigkeit begründen, muss sie diese Rechtsfolge klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Die Voraussetzung für die Berufsausübung muss aus rechtsstaatlichen Gründen eindeutig geregelt sein. Unabhängig davon, ob ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl oder der Berufsausübung vorliegt, bedarf es einer vorhersehbaren und berechenbaren Grundlage hinsichtlich Voraussetzungen und Folgen. Nach dem Gebot der Rechtssicherheit ist im Zweifel kein die Berufstätigkeit als solche untersagendes Beschäftigungsverbot anzunehmen. Vielmehr muss der Betroffene eine derart einschneidend wirkende Rechtslage erkennen und sein Verhalten danach einrichten können (vgl. schon BVerfG 18. Dezember 1953 – 1 BvL 106/53BVerfGE 3, 225, 237; 30. Mai 1956 – 1 BvF 3/53BVerfGE 5, 25, 31; 17. November 1992 – 1 BvL 8/87BVerfGE 87, 234, 263; 9. April 2003 – 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01BVerfGE 108, 52, 75) .

bb) § 5 Abs. 5 RettG NRW regelt weder eine für den Zugang zur Berufstätigkeit erforderliche Erlaubnis noch eine sonstige Voraussetzung, deren Fehlen zu einem Beschäftigungsverbot führt. Das ergibt schon die Auslegung nach dem Gesetzeswortlaut. Zwar handelt es sich um eine zwingende Verpflichtung, Folgen der Pflichtverletzung werden aber nicht aufgeführt. Sie sind auch keineswegs selbstverständlich. Fehlende oder unvollständige Fortbildung lässt das Personal nicht generell ungeeignet erscheinen.

Abgesehen von der für die Betroffenen nicht erkennbaren Rechtsfolge wären auch die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot inhaltlich und zeitlich nicht hinreichend bestimmt. § 5 Abs. 5 RettG NRW unterscheidet nicht zwischen der Verletzung der Teilnahmepflicht und der Verletzung der Nachweispflicht und bestimmt nicht, wie der Nachweis zu führen ist. Einerseits können hier nicht prozessrechtliche Regelungen (zB §§ 138, 286 ff. ZPO) herangezogen werden, andererseits bedarf es nicht stets einer Urkundenvorlage. Offenbar soll es auf die Kenntnis und Überzeugung des Arbeitgebers ankommen. Darüber hinaus ist der Begriff der aufgabenbezogenen Fortbildung nicht eindeutig genug. Ein bestimmter Fortbildungskanon ist nicht vorgeschrieben. Unklar bliebe auch, ob schon die unvollständig oder (teilweise) nicht ordnungsgemäß absolvierte Fortbildung das Beschäftigungsverbot auslösen würde. Schließlich fehlte es an einem deutlichen zeitlichen Bezug. Selbst wenn man die Fortbildungspflicht auf das (volle) Kalenderjahr bezieht, blieben der Zeitpunkt des Eintritts eines Beschäftigungsverbots und die Bedeutung einer Nachholung einzelner Fortbildungsstunden zweifelhaft. So streiten die Parteien auch über die Bewertung einzelner Fortbildungsmaßnahmen, nämlich darüber, ob die Fortbildungen vom 17. Februar 2005 und vom 26. Januar 2006 „gleichzeitig gelten“ können.

Das Landesarbeitsgericht weist weiter zutreffend auf die Systematik des RettG NRW hin. § 4 RettG NRW regelt die an bestimmte Prüfungen, Zeugnisse oder Nachweise geknüpften Voraussetzungen für den Personaleinsatz. § 5 regelt zwingende Pflichten im Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung. Soweit eine Tätigkeit darüber hinaus verboten ist, enthält die Norm eindeutige Regelungen (Abs. 2: „darf nicht tätig werden“; Abs. 3: „darf … nicht einsetzen“) .

Sinn und Zweck der Fortbildungspflicht erfordern nicht ein – absolut wirkendes – Beschäftigungsverbot bei Defiziten der Fortbildung. Es ist nicht erkennbar, dass Eignung und Befähigung mit Ablauf des Kalenderjahres entfallen und die Tätigkeit dann „verboten“ sein soll. Vergleichbare Berufsgruppen unterliegen keinem Beschäftigungsverbot im Zusammenhang mit aufgabenbezogenen Fortbildungspflichten. Unabhängig davon, ob es aus rechtsstaatlichen Gründen (Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des Eingriffs) überhaupt statuiert werden kann, bedürfte es jedenfalls einer eindeutigen Bestimmung. Hieran fehlt es.

3. § 5 Abs. 5 RettG NRW regelt danach eine Pflicht des Arbeitnehmers, ohne die Folgen der Pflichtverletzung selbst zu bestimmen. Diese ergeben sich aus den allgemeinen Grundsätzen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, es handele sich nicht nur um eine berufsrechtliche, sondern auch um eine arbeitsvertragliche, dem Arbeitgeber geschuldete Verpflichtung. Dafür spricht dessen Verantwortung als Träger der rettungsdienstlichen Aufgaben; ein öffentlich-rechtliches Kontrollverfahren gegenüber dem Personal ist nicht vorgesehen. Der Arbeitgeber kann deshalb die Nichteinhaltung der Fortbildungspflicht dem Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gem. § 273 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Das Zurückbehaltungsrecht gibt eine aufschiebende Einrede. Nur wenn der Arbeitgeber das Zurückbehaltungsrecht geltend macht, kann er die geschuldete Beschäftigung – und damit auch die Vergütungszahlung – verweigern. Daran ändert nichts der Umstand, dass er hierzu nach Verwaltungsvorschriften und vertraglich gegenüber seinem Auftraggeber verpflichtet ist. Nr. 9 des Runderlasses des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 21. Januar 1997 (MBl. NW 1997, 140) verbietet die Beschäftigung nicht aufgrund eines Gesetzes; als bloßer Verwaltungsregelung kommt der Bestimmung nicht die Bedeutung eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots zu. Vielmehr wird der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben angehalten, die Nachweise gem. § 5 Abs. 5 RettG NRW zu verlangen.

Die Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht weder ausdrücklich noch stillschweigend geltend gemacht. Sie hat die Beschäftigung bis zum 31. Mai 2006 nicht wegen einer unvollständigen Fortbildung, sondern allein wegen der außerordentlichen Kündigung verweigert. Anderenfalls hätte der Kläger der Einrede Rechnung tragen können und die ggf. noch fehlenden Fortbildungsstunden kurzfristig nachholen können. Rückwirkend kann das Zurückbehaltungsrecht nicht mehr ausgeübt werden, da es sich um ein Druckmittel zwecks Bewirkung der gebührenden Leistung handelt. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung schon bewirkt ist und deswegen nicht mehr zurückgehalten werden kann oder ob sie aus anderen Gründen unterblieben ist; denn auch in diesem Fall kann der Arbeitgeber die an eine bestimmte Zeit gebundene Beschäftigung nicht mehr zurückhalten. Die nachträgliche Ausübung des Zurückbehaltungsrechts wäre gegenstandslos, da weder die Beschäftigung noch die Fortbildung mit Wirkung für die Vergangenheit nachgeholt werden kann. Deshalb ergeben sich die Folgen der unterbliebenen Arbeitsleistung des Klägers allein aus den §§ 615, 293 ff. BGB, nicht aus § 273 BGB.

II. An dieser Rechtslage hat der Prozessvergleich vom 16. August 2006 nichts zu Gunsten der Beklagten geändert. Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich, das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung „ordnungsgemäß abzurechnen“, wird hierdurch im Zweifel nur die ohnehin bestehende Rechtslage bestätigt (Senat 19. Mai 2004 – 5 AZR 434/03 – zu I der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien den Vergütungsanspruch im Vergleich einschränken, insbesondere ein Leistungshindernis nachträglich noch berücksichtigt wissen wollten. Vielmehr spricht die Interessenlage im Ergebnis eher für die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Parteien hätten die Frage des Unvermögens des Klägers im Abrechnungszeitraum gerade nicht offenlassen wollen und auf die bereits erkennbare Einwendung, der Kläger habe mangels Fortbildung nicht vertragsgemäß beschäftigt werden können, sei verzichtet worden. Diese Frage bedarf aber keiner abschließenden Klärung.

III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Quelle: BAG