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Alt, krank, ausgelaugt… ARD-Report Mainz 25.08.15

Krankenstand bei Rettungskräften über 60 Jahre stark gestiegen
AOK-Analyse zeigt besondere Belastung von älteren Sanitätern DRK und ASB fordern abschlagsfreie Rente mit 60 für Rettungskräfte

MAINZ – Der Krankenstand bei älteren Rettungskräften über 60 Jahre ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Rettungsassistenten und Rettungssanitäter waren zudem deutlich häufiger und länger krank als der Durchschnitt aller Berufstätigen in der entsprechenden Altersgruppe. Das berichtet das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ heute Abend (21.45 Uhr, Das Erste) unter Berufung auf eine entsprechende exklusive Datenanalyse des wissenschaftlichen Dienstes der AOK. Vor diesem Hintergrund fordern Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) im Interview mit REPORT MAINZ jetzt erstmals eine abschlagsfreie Rente mit 60 für Rettungskräfte.

Der Wissenschaftliche Dienst der AOK hat exklusiv für das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ die Arbeitsunfähigkeitskennzahlen älterer Rettungsdienstmitarbeiter berechnet. Danach ist der Krankenstand gerade bei älteren Rettungsdienstmitarbeitern (über 60 Jahre) in den vergangenen drei Jahren von 2012 bis 2014 deutlich gestiegen – um rund 2 Prozentpunkte. Betrug der Krankenstand 2012 noch 9,9 %, lag er 2014 bereits bei 12,2%. Zum Vergleich: Der Krankenstand aller Rettungsdienstmitarbeiter stieg im gleichen Zeitraum nur um 0,4 Prozentpunkte (von 4,9 auf 5,3%).

Auch die Schwere der Erkrankung, die sich an den Arbeitsunfähigkeitstagen je Fall ablesen lässt, hat bei den älteren Rettungsdienstmitarbeitern (über 60 Jahre) stark zugenommen: Lag die Dauer je Fall 2012 durchschnittlich noch bei 26,8 Tagen, betrug sie 2014 bereits 30,3 Tage. Eine Zunahme von 13%. Zum Vergleich: Die Arbeitsunfähigkeitstage je Fall blieben im Durchschnitt aller Rettungsdienstmitarbeiter im Vergleichszeitraum etwa gleich (2012:13,1 Tage, 2014:13,0 Tage).
Vergleicht man Rettungsdienstmitarbeiter mit dem Durchschnitt aller Berufstätigen, stellt man fest: Der Krankenstand gerade der älteren Rettungsdienstmitarbeiter (über 60 Jahre) lag 2014 um 3,6 Prozentpunkte höher als der durchschnittliche Krankenstand aller Berufstätigen in dieser Altersgruppe (12,2% zu 8,6%).

Auch die Schwere der Erkrankung, die sich an den Arbeitsunfähigkeitstagen je Fall ablesen lässt, lag bei den älteren Rettungsdienstmitarbeitern (über 60 Jahre) höher als beim Durchschnitt aller Beschäftigten in dieser Altersgruppe. Waren ältere Berufstätige (über 60 Jahre) 2014 im Schnitt 22,2 Tage je Fall krank, so lag der entsprechende Wert bei Rettungsdienstmitarbeitern bei 30,3 Tagen – eine um 36% längere Erkrankung.

Der Präsident des DRK Baden-Württemberg, Lorenz Menz, sagte im Interview mit REPORT MAINZ: „Ich wünsche mir, dass wir eine bundeseinheitliche Regelung bekommen, bei der die älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Notfallrettung mit 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Es bleibt dabei, dass eben der große Teil dieser älteren Frauen und Männer in der Notfallrettung nach 60 Jahren ausgepowert sind, und deswegen muss man dem Rechnung tragen. Auch als Dankeschön für das, was sie ein Leben lang für andere Menschen getan haben.“

Heiko Werner, Abteilungsleiter Hilfsorganisation ASB Bundesverband, schloss sich der Forderung im Interview mit REPORT MAINZ an: „Auch wir glauben, dass wir eben hier für eine Berufsgruppe, die besonderen psychischen und auch physischen Belastungen ausgesetzt ist, die Möglichkeit schaffen müssen, eine frühere Verrentung ohne Abschläge möglich zu machen.“

Der DRK-Geschäftsführer in Rheinland-Pfalz, Norbert Albrecht, sagte: „Das Deutsche Rote Kreuz sieht einen Handlungsbedarf nach Verkürzung der Lebensarbeitszeit für die Beschäftigten im Rettungsdienst. Wir beobachten leider, dass viele unserer Beschäftigten frühverrentet werden mit entsprechend hohen Abschlägen bei deren Rente.“

 

Der Radiobericht dazu: https://www.swr.de/report/swr1-baden-wuerttemberg-abschlagsfreie-rente-fuer-notfallretter/-/id=233454/did=16048498/nid=13839326/1gpp51e/index.html

Report Mainz hat dazu eine eine Reportage im Programm:

Neustadt an der Aisch: Notarzt beschwert sich Rettungsassistenten fliegen raus

Rettungsassistenten erleben es in ihrem Arbeitsalltag immer wieder, sie treffen oft als erste am Einsatzort ein, während der parallel oder nachalarmierte Notarzt noch gut 15 Minuten braucht um zur Einsatzstelle zu gelangen. In manchen ländlich geprägten Landkreisen warten sie inzwischen mitunter vergebens. Damit geraden sie in den Konflikt, dass sie vor Ort beim Patienten eigentlich wissen nun zu tun wäre um den Patienten vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren oder ihm gar das Leben zu retten. Aber machen sie es, gefährten sie möglicher Weise ihren Arbeitplatz und riskieren obendrein ein Strafverfahren. Noch immer agiert das Rettungsdienstpersonal in Deutschland in der Grauzone der Notkompetenz, noch immer bedeutet das Handeln damit auch eine Gewissensentscheidung. Niemand nimmt den Kolleginnen und Kollegen den Gewissenkonflikt ab, in den sie geraten, wenn sie sich an Recht und Gesetz halten und die Hilfe verweigern weil sie nicht dürfen. Helfen sie und verabreichen beispielsweise ein Medikament, das dem Patieten das Leben rettet oder ihn vor gesundheitlichen Schäden bewahrt, ist möglicherweise der Patient dankbar, aber ein Notarzt beleidigt und beschwert sich, mit der Konsequenz, dass sie ihren Job los sind. Nur von Dankbarkeit allein kann man nicht leben. Dass es so etwas heute noch gibt, davon kann man sich hier überzeugen:

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Link zueinem Beitrag in der Mediathek des Bayrischen Rundfunks: „Rausschmiss für Lebensretter“ gesendet am 26.11.2013 um 18:00 Uhr

Wie das die Verantwortlichen des Bayrischen Rote Kreuz allerdings mit den Gundsätzen des DRK in Einklang bringen muss deren Gewissen regeln: „Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, entstanden aus dem Willen, den Verwundeten der Schlachtfelder unterschiedslos Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen Völkern.“ Kollegen rauszuschmeißen die genau in diesem Sinne gehandelt haben ist von diesen Grundsätzen aber sicherlich nicht gedeckt.

Ärgerlich in diesem Zusammenhang ist, dass auch das Notfallsanitätergesetzt in Zukunft nicht wirklich Abhilfe in dieser Frage schafft. Bleibt doch die letztendliche, Entscheidung  was die Notfallsanitäter vor Ort anwenden dürfen, in den Händen der Ärzt. Hier wurden große Zugeständnisse an die Ärzteschaft, zu Lasten der Notfallsanitäter/innen, gemacht. Es bleibt im Ermessen eines Ärztlichen Leiters, was vor Ort angewendet werden darf. Sicher kann ein ärztlicher Leiter keinem verbieten eine Maßnahme, die beherrscht wird anzuwenden, wenn sie unmittelbar angezeigt ist um Leben zu retten. Aber es bringt unnötige Unsicherheiten und Rechtfertigungszwänge. Damit wurde die eigentlich staatliche Aufgabe die Kompetenzen von Notfallsanitäter/innen bundeseinheitlich  zu regeln, wieder in die Hände von Ärztlichen Leitern gelegt.

Referentenentwurf für das „Notfallsanitätergesetzt“: kalter Kaffee lau aufgewärmt!

Schon lange wird die Novellierung des Rettungsassistentengesetzes von den Berufsverbänden und der Gewerkschaft ver.di gefordert. Auf eine Anfrage von Kathrin Vogler (MdB, Partei die Linke) antwortet die Bundesregierung: „Die Expertengruppe, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bei der Klärung von wesentlichen Vorfragen zur Ausbildung berät, hat ihre Arbeit im Herbst 2011 abgeschlossen. Diese Expertengruppe war von Beginn an als Beratergremium auf Fachebene konzipiert worden, hat unter Leitung des BMG getagt und Fragestellungen bearbeitet, die das BMG an die Experten gerichtet hatte. Die Veröffentlichung der Beratungsergebnisse war und ist nicht geplant.
Auf der Basis der Erkenntnisse aus dieser Expertengruppe wird derzeit der Referentenentwurf für das neue Rettungsassistentengesetz erarbeitet. Es ist vorgesehen die Novellierung der Rettungsassistentenausbildung in dieser Legislaturperiode abzuschließen. Die zeitliche Planung des BMG ist hierauf ausgerichtet.“

Hier ist er nun der Referentenentwurf der Bundesregierung über das  „Gesetzt über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters“ oder einfach kurz: „Notfallsanitätergesetz – NotSanG“

Die Anpassung des Berufs des Rettungsassistenten an die neuen Anforderungen eines modernen Rettungsdienstes  erfolgt jedoch nicht in der Novellierung des Rettungsassistentengesetzes sondern in der Schaffung eines neuen Berufsbildes. Die Begründung zum Gesetzesentwurf gibt zunächst Anlass zur Hoffnung, dass das geplante Gesetzt den Anforderungen an den Beruf gerecht wird, denn dort heißt es: “ Diese Berufsgruppe ist es auch, die neben den Notärztinnen und Notärzten die Hauptlast und die hauptsächliche Verantwortung im Rettungsdienst trägt.“ Blätter man im Entwurf weiter, so landet man jedoch schnell an Stellen, an denen die Enttäuschung groß wird, denn es wird schnell deutlich dass hier nicht wirklich neues geplant ist.

Statt einer klaren Beschreibung des Berufsbildes findet man unter §4 nur die Beschreibung der Ausbildungsziele, die einen Notfallsanitäter: “ … zur eigenverantwortlichen Durchführung und teamorientierten Mitwirkung insbesondere bei der notfallmedizinischen Versorgung und dem Transport von Patientinnen und Patienten vermitteln ….“ sollen. Bei der Auflistung der Maßnahmen, die eine Notfallsanitäter eigenverantwortlich durchführen soll, bleibt die Aufzählung sehr diffus: „… Durchführen angemessener medizinischer Maßnahmen der Erstversorgung bei Patientinnen und Patienten im Notfalleinsatz und dabei Anwenden von in der Ausbildung erlernten und beherrschten, auch invasiven Maßnahmen, um bei Vorliegen eines lebensgefährlichen Zustandes oder bei zu befürchtenden wesentlichen Folgeschäden einer Verschlechterung der Situation der Patientinnen und Patienten bis zum Eintreffen des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen
Versorgung vorzubeugen, …“ statt an dieser Stelle klar umrissene Maßnahme als Regelkompetenz zu nennen, beschränkt sich das NotSanG darauf die schon jetzt vorhanden Notkompetenz gesetzlich zu regeln. Es bleibt beim Status Quo, heilkundliche Maßnahmen dürfen eigenständig nur im Delegationsverfahren durchgeführt werden und müssen nach wie vor im Vorfeld vom Ärztlichen Leiter zu bestimmten Situationen angeordnet, überprüft und verantwortet werden. Durch eine fehlende bundeseinheitliche Regelung bleibt es bei regional sehr unterschiedlichen Standards, von Qualitätssteigerung kann hier also nicht die Rede sein.

Auch in der Struktur der Ausbildung gibt es nicht wirklich etwas neues, es bleibt bei einer getrennten Ausbildung in Schule und Lehrrettungswache. Der Ausbildungsvertrag wird mit der Schule geschlossen, womit der Ausbildende den Status eines Schülers bekommt. Dies steht im Widerspruch zu einer Ausbildungsvergütung, den ein Schüler erhält gemeinhin keine Ausbildungsvergütung, allenfalls bekommt er üblicherweise eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Es schließt auch sofort die Frage an, wer zahlt die Vergütung, die Schule oder der Träger der Lehrrettungswache. Es handelt sich hier also noch immer nicht um eine Berufsausbildung im Dualen System nach dem Berufsausbildungsgesetz.

Immerhin dürfen die altgedienten Rettungsassistenten und Rettungsassistentinnen ihre Berufsbezeichnung behalten. Wollen sie aber die neue Berufsbezeichnung führen, müssen sie ihre Eignung in einer Prüfung belegen. Mit anderen Worten sie müssen beweisen, dass sie die Tätigkeit, die sie mitunter schon seit 24 Jahren ausüben, wirklich beherrschen, wie unsinnig ist das denn? Kollegen und Kolleginnen die noch nicht so lange im Geschäft sind, müssen sogar einen Lehrgang zur Vorbereitung der Prüfung absolvieren. Daran schließen sich sofort weitere Fragen an: wäre dieser Lehrgang Arbeitszeit, wer trägt die Kosten des Lehrganges? Dieser Referentenentwurf wirft mehr Fragen auf, als dass er Vorteile für unseren Berufsstand bringt, umso verwunderlicher ist es, dass der Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst e.V. (DBRD) so viel positive Worte dafür findet: „Wir sind, wie im Entwurf klar formuliert, der Auffassung, dass eine generelle Überleitung der Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter ohne Prüfung und ggf. zusätzlicher Ausbildung nicht sinnvoll ist. Wir sprechen uns aber für eine einheitliche Regelung aus, die unabhängig der jeweiligen Berufserfahrung, Weiterqualifizierung und sonstiger Eignung ist.“ Und er möchte sogar noch weitergehen als im Entwurf beschrieben, in dem er die Berufserfahrung völlig außer Acht lassen möchte.

Nun ist dies erst der Referentenentwurf eines Gesetzes, d.h. es ist noch völlig offen ob dieses Gesetz in dieser Form oder überhaupt kommen wird. Man kann nur hoffen, dass sich noch möglichst viele kritische Stimmen melden und Einfluss nehmen, damit dieses Gesetz so nicht kommt. Denn kalten Kaffee, den wir leider allzu oft schon in unseren Wachen nach den Einsätzen vorfinden, wärmt man nicht auf.

Rettungsassistent ist als Rettungsassistent einzugruppieren

ArbG Hannover – 4 Ca 468 / 01

DER FALL:
Der Kläger arbeitete beim DRK in Niedersachsen. Er hat die Ausbildung zum Rettungsassistenten, wurde aber als Rettungssanitäter eingestellt und eingruppiert. Im Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist er entweder auf dem KTW oder als Fahrer auf dem RTW eingesetzt. Der DRK TV sieht eine höhere Eingruppierung für Rettungsassistenten bei entsprechender Tätigkeit vor. Der Kläger, vertreten durch die Kanzlei Spengler & Kollegen, verlangte die Eingruppierung entsprechend seiner Berufsurkunde, das beklagte DRK meinte, der Kläger übe nur Tätigkeiten eines Rettungssanitäters aus

DIE ENTSCHEIDUNG:
Das Arbeitsgericht Hannover bejahte den Anspruch des Klägers als Rettungsassistent auf einer Planstelle als Rettungssanitäter auf Höhergruppierung. Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers und unserer Kanzlei, wonach die Tätigkeit des Klägers quasi zu 100 % solche eines Rettungsassistenten war. § 3 RettAssG definiert nämlich auch den Krankentransport, das Assistieren des Notarztes und die eigenständige Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen als Aufgabe des Rettungsassistenten. Diese Tätigkeiten übte auch der Kläger aber nachweislich aus. Welche Tätigkeiten des Klägers hingegen die eines Rettungssanitäters sein sollten, vermochte der Arbeitgeber nicht darzulegen.

Qelle: Mit freundlicher Genehmigung der Rechtsanwaltskanzlei Spengler